Kroatien – eine Wiederentdeckung

Ein Nachtrag:

Der nachfolgende Text ist irgendwie liegengeblieben, also veröffentliche ich ihn verspätet. Vielleicht tue ich es auch nur deswegen, weil es mit dem Reisen seit einem Jahr ohnehin nicht gut aussieht. Eine Ersatzhandlung?

Er ist schon lange her, mein letzter Aufenthalt in Kroatien. Jahrelang habe ich die kroatische Küste besucht; in den Ferien, mit einem alten VW-Bus. Wegen Geldmangels habe ich ihn damals selbst zum „Campingbus“ ausgebaut, mit viel zu schweren Holzplatten, die ich überflüssigerweise auch noch auf ein Stahlgerüst montiert hatte. Alles sollte möglichst stabil sein. Ein kleiner Gaskocher wurde unter der  Sitzbank montiert, der ganze Businnenraum konnte zu einer einzigen Liegefläche gestaltet werden, die sich mit wenigen  Handgriffen in zwei Sitzbänke und einem kleinen Esstischchen umbauen ließ, damit man es sich im Falle eines Regenschauers auch im Inneren des Busses wohnlich einrichten würde können.

Zwei Kleinkinder waren mit dabei, eines hatte sein Bettchen hinten über dem Motorraum, durch einen kleinen Vorhang abgetrennt und das andere schlief in einem Hängebett aus Segeltuch über dem Volant. Klo gab es keines, geschweige denn einen Kühlschrank. Aber eine Kühlbox mit Zwölf-Volt-Anschluss war mit dabei, um die vorsorglich mitgebrachten Hipp-Gläser mit Gemüsebrei für die Kleinen kühl und frisch zu halten. So planten wir in den Siebzigern des vorigen Jahrhunderts unsere erste Ausfahrt. Nach Istrien wollten wir fahren.

Abfahrt am späten Abend, die Kinder wurden auf die Liegewiese gebettet und schliefen auch bald ein. Und sie schliefen fest, als wir kurz nach Marburg uns für eine endgültige Route zu enstscheiden hatten. Nach Istrien, das hieß damals noch die Richtung nach Ljubljana einschlagen. Die Kinder schliefen fest und gut, also beschlossen wir durch das Landesinnere nach Zagreb abzubiegen und kamen am frühen Morgen tief im Süden, nicht in Istrien, sondern in Zadar an. Es gäbe viel zu erzählen über diese Reise, die nur nach Istrien führen sollte, uns schließlich aber letztendlich sogar bis Istanbul brachte. Darüber aber  vielleicht ein anderes Mal mehr.

Kroatien – vor dem Krieg – war schön für uns. Das herrlich türkise Meer, die zerklüfteten Felsen der Küste, die süßen Feigen am Wegesrand, gegrillter Fisch, damals meist schon sauteuer, zu teuer sogar. Wir kochten selbst. Die Versorgung mit Lebensmitteln war ziemlich dürftig damals, es gab hauptsächlich Konserven verschiedener Art, wenn man Glück hatte und einen Fleischer fand, gab es Schweinefleisch, in dicken Tranchen abgetrennt, aber schmackhaft, so wie es bei uns einst geschmeckt hat, bevor die Stromlinienschweine modern wurden.

Das war früher, dann kam der Krieg. Nach dem Kriegsende machten wir noch ein paar Versuche, die wenig zufriedenstellend verliefen und so verliefen wir uns auch. Nach Griechenland, nach Italien, nach Spanien, und in jüngerer Vergangenheit hauptsächlich nach Frankreich.

Freunde berichteten uns in letzter Zeit vermehrt von den Fortschritten, die dieses Land im Bereich des Tourismus gemacht habe. Ich gebe zu, dass ich ihnen nicht auf Anhieb geglaubt habe. Ich hatte meine Vorurteile, die eigentlich gar keine Vorurteile, sondern selbst gemachte Erfahrungen der letzten Jahre waren. Und die waren trotz der landschaftlichen Vorzüge, an die ich mich gerne erinnerte, in erster Linie von mehr oder weniger unfreundlichen menschlichen Begegnungen dominiert. Kurz nach dem Krieg haben wir einige Versuche gemacht, hier Urlaub zu machen, und stießen auf eine – ich formuliere es freundlich – stark forcierte Nationalkultur. Wie jede neu entstehende Nation legten auch die Kroaten in dieser Zeit besonderen Wert ihre nationale Identität zu präsentieren. Mich haben ausgeprägte Nationalismen noch nie angezogen und so verzichteten wir auf weitere Aufenthalte.

Zufälle ergaben nun, dass wir einen neuen Versuch wagen wollten. Das Wetter schien günstig, obwohl man im späten Herbst mit vermehrter Bora rechnen muss. Und so kam es dann auch.

Die erste Rast machten wir in Karlovac auf einem abgelegenen Campingplatz etwa 10 km außerhalb der Stadt in Duga Resa neben einem kleinen Flüsschen namens Mreznica. Sehr idyllisch angelegt, mit sauber abgegrenzten Parzellen, einem alten Baumbestand und angenehm freundlichem Empfang an der Rezeption. Es regnet in Strömen und ich fürchte es könnte Hochwasser geben. Ich halte während der Nacht mehrmals Nachschau, meine Angst war unbegründet. Alles verlief bestens.

Am nächsten Tag wollen wir weiter. Unser Ziel ist der Ort Starigrad unweit von Zadar. Wir wollen sehen, wie sich der Ort entwickelt hat. Daneben findet sich der Nationalpark „Paklenica“. Ein bekannter Kletterhotspot mit herausfordernden Sportkletterrouten. Einige Routen sind wir vor Jahren geklettert. Wir sollten unser Ziel jedoch nicht erreichen. Die Bora war schuld. Ihretwegen war die Autobahn und vor allem der Verbindungstunnel zum Meer gesperrt. Der Verkehr wurde über das Landesinnere und kleine Pässe umgeleitet. Die Folge war, dass wir ungewollt nach Biograd kamen. Das Mekka des Segelsports, wie sich herausstellte. Zahlreiche Yachten stehen hier zur Charter bereit.

Wir suchen uns einen Campingplatz am Meer und werden fündig. Camping Soline, etwas südlich des Stadtzentrums, mit altem Baumbestand, schön terrassiert, mit Liebe hergerichtet. Wir sind  angenehm überrascht. Auch hier ein freundlicher Empfang, wir dürfen den Platz frei wählen. Es sind nur mehr wenige Camper unterwegs.

Der Beginn einer neuerlichen Kroatien-Liebe? Wer weiß?

Über Dr. Walter Schrittwieser

"Ich wohne in meinem eignen Haus / Hab niemandem nie nichts nachgemacht / Und - lachte noch jeden Meister aus, / Der nicht sich selber ausgelacht." ( Über meiner Haustür, Friedrich Nietzsche, Die fröhliche Wissenschaft)
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